Die Oscars 2019 - Hollywood überrascht

Die Oscars 2019 – Highlights, Gewinner und Verlierer

Sich die Oscars per Live-Übertragung anzuschauen, entweder in kleiner Runde zuhause oder auf einer der zahlreichen Viewing-Parties, um dann am Montag über die Show zu nörgeln – erst das macht hier in Hollywood das Oscar-Erlebnis komplett. In den letzten Monaten standen die Academy Awards ja keinesfalls unter einem guten Stern. Noch ein paar Tage vor der Verleihung warteten alle quasi auf den finalen Nervenzusammenbruch der Oscars. Vorbereitet auf das komplette Versagen der gastgeberlosen Show war die allgemeine Erwartungshaltung „Wie schlecht wird es diesmal?“ Und was soll ich sagen, die Oscar-Haters wurden enttäuscht, am Ende war alles gar nicht so schlimm. Es war ein emotionaler Abend mit einigen denkwürdigen und unvergessliche Momente. Und auch politische Statements kamen nicht zu kurz. Hier sind meine 5 Cent zu den Tops und Flops der letzten Nacht für Euch:

Die Eröffnung der Oscars 2019

Wenn man sich an die Faustregel hält, dass die Eröffnung der Oscar-Verleihung ganz gut zeigt, ob die Show als Ganzes etwas taugt, dann müsste es 2019 trotz fehlendem Moderator heißen: Ja, absolut gelungen der Auftakt. Zu den ikonischen Beats von „We will rock you“ erscheint Brian May, legendärer Queen Gitarrist, als erster auf die Bühne des Dolby Theaters. Die gesamte A-List-Prominenz reißt es aus den Sitzen. Sänger Adam Lambert und Schlagzeuger Roger Taylor gesellen sich dazu. Dann die Hymne „We are the Champions“. Das trifft den Nerv der Zuschauer und gibt vor, wie der Abend laufen soll. Hollywood feiert sich selbst. Und dann ist es in der Regel am besten, weil am unterhaltsamsten.

Und genauso geht es zunächst weiter mit dem Auftritt des Triumphirates aus Amy Poehler, Tina Fey und Maya Rudolph. Witzig, charmant und unterhaltsam. Wenn das so weitergeht, dann verspricht das einen großen Abend. Wer braucht da schon einen Moderator?

Oscars 2019 – die besten Presenter

Das Niveau der Eröffnung kann aber leider nicht über die gesamte Show gehalten werden. Bei den meisten Presentern spürt man, dass der vorgegebene Zeitplan strikt eingehalten werden soll. Es wird mir persönlich ein wenig zu eilig durchs Programm gehechelt. Effizienz ist schön und gut, aber wo bleibt die Spontaneität? Großartige Ausnahmen für mich:

1. Melissa McCarthy mit Brian Tyree Henry, die das beste Kostümdesign anmoderieren. McCarthys Kleid ist eine Hommage an “Mary, Queen of Scots”, die Plüschhasen inspiriert durch “The Favourite.” Henrys Outfit erinnert außerdem an “Mary Poppins Returns” und “Black Panther”. Der Oscar geht dann an eine euphorisch glückliche Ruth Carter, die damit die erste afroamerikanische Preisträgerin in dieser Oscar-Kategorie ist.

2. Mike Myers und Dana Carvey, alias Wayne und Garth aus „Wayne’s World“, präsentieren (was auch sonst?) den Oscar-Kandidaten „Bohemian Rhapsody“. Da schimmert ein wenig Anarchie durch, wie ich sie bei den Oscars 2019 gerne ein bisschen häufiger gesehen hätte.

Showstopper – „Shallow“ live bei den Oscars 2019

Ich habe es ja schon in meiner Oscar-Vorschau gesagt. Wenn mich eine Künstlerin im Vorfeld wirklich überrascht hat, dann ist es Lady Gaga. Ich hätte ihr sogar einen Oscar als beste Hauptdarstellerin zugetraut. Als Schauspielerin geht Stefani Joanne Angelina Germanotta leider leer aus. Trotzdem gewinnt sie einen Oscar für „A Star Is Born“. Der beste Filmsong des Jahres ist ganz klar ihr bereits Grammy-prämierter Hit „Shallow“. Die Live-Performance gestern Nacht im Duett mit Bradley Cooper setzt dem ganzen die Krone auf und ist der größte Wow-Moment der Show. Vom Publikum gibt es Standing Ovations und ganz Hollywood spricht noch über die unübersehbare Chemie zwischen Gaga und Cooper.

DIE große Überraschungspreisträgerin der Oscars 2019

Ein großartiger Auftritt als Queen Anne in „The Favourite“. Eine wunderbare Schauspielerin, aber trotzdem: Mit Olivia Colmans Gewinn als beste Hauptdarstellerin hätten wohl die wenigsten gerechnet. Und wahrscheinlich am wenigsten sie selbst. Umso sympathischer wie sich Colman im Anschluss bei der Preisübergabe zeigt. Eine der besten, weil eindrucksvollsten und ehrlichsten Dankesreden, die die Oscars je gesehen haben.

Sichtbar geschockt, lachend und weinend zugleich, sprudeln die lustigsten Kommentare aus ihr hinaus. Von der Umschreibung ihres aktuellen Seelenzustands mit „It’s genuinely quite stressful“ bis hin zur Feststellung: „This is hilarious. I got an Oscar!“. Besonders rührend Ihre Worte an die große Favoritin Glenn Close, die auch bei ihrer 7. Oscar-Nominierung am Ende leer ausgeht: “Glenn Close, you’ve been my idol for so long, and this is not how I wanted it to be.”

Das stärkste Statement der Oscars 2019: Remi Maleks Dankesrede

We made a film about a gay man, an immmigrant who lived his life unapologetically himself. I am the son of immigrants from Egypt. I am a first-generation American, and my story is being written right now. I cannot be more grateful to each and every one of you.

What more is there to say: Ein gleich in mehrfacher Hinsicht verdienter Preisträger. Von hier aus noch einmal alles Gute, denn direkt nach dem Ende seiner Dankesrede fällt der Gute von der Bühne … seinen ersten Oscar fest in der Hand.

Die Oscar-Kontroverse 2019: Green Book als Bester Film

Rund um „Green Book“ gibt es schon im Vorfeld der Academy Awards einige Kontroversen. Nach der Auszeichnung als Bester Film hagelt es dann Kritik von allen Seiten. Hat es der Film wirklich verdient? Wären andere Filme nicht würdigere Preisträger gewesen? Auf Twitter tobt vor allem der Zorn darüber, dass in einem Film über die Benachteiligung von Schwarzen, eine weiße Retter-Figur im Mittelpunkt stehe. Vergleiche mit den Best-Picture-Gewinnern „In the Heat of the Night“ (1967) und mit „Driving Miss Daisy“ (1989) werden angestellt.

Spike Lee (Gewinner „Bestes Drehbuch“ für „BlacKkKlansman“) stürmt angeblich aus den Raum, als „Green Book“ als Gewinner verkündet wird und weigert sich im Anschluss, einen Kommentar zum Film abzugeben. Da gehen die Worte von Produzent Jim Burke ein wenig unter, der die Kritik am Film leise aufgreift und dennoch sehr versöhnlich meint: “We made this film with love, we made it with tenderness, and we made it with respect.”

Die Oscars 2019 – Gewinner und Verlierer

Auffällig in diesem Jahr: Es gibt nicht DEN einen großen Gewinner. Zwar räumt „Bohemian Rhapsody“ 4 Awards ab, aber direkt dahinter kommen „Roma“, „Black Panther“ und „Green Book“ mit je 3 Preisen. Dennoch sind 3 Filme dann doch so etwas wie die Verlierer der Oscars 2019.  „The Favourite“ (10), „A Star is born“ (8) und „Vice“ (8) sind insgesamt 26 Mal nominiert, erhalten aber nur je einen Goldjungen für a) die beste Hauptdarstellerin, b) den besten Filmsong und c) das beste Make-up.

Ebenfalls ein Verlierer, wenn auch sicher ein glücklicher, wenn man die 3 gewonnenen Oscars für „Bester Fremdsprachiger Film“, „Beste Kamera“ und „Beste Regie“ bedenkt, ist Alfonso Cuáron mit „Roma“. Viele sind der Überzeugung, dass „Roma“ auch den Top-Preis als bester Film verdient hätte (auch ich war mir sicher). Ob der nicht erhaltene Preis für den besten Film eine Retourkutsche der Academy an das Geschäftsprinzip von Produzent Netflix ist, werden wir wohl nie genau wissen.

Glenn Close

Eine weitere ungeklärte Frage des Abends ist: Was haben die Academy Mitglieder nur gegen Glenn Close? Als Favoritin gehandelt, bereits zum 7. Mal nominiert und wieder nicht prämiert. Glenn Close ist damit die neue Rekordhalterin und entwickelt sich zur tragischen Figur der Oscar-Verleihung.

Lange grämen sollte sie sich aber nicht. Sie wird als großartige Schauspielerin geliebt – und sie ist in bester Gesellschaft. Es gibt so viele grandiose Schauspieler, die niemals mit einem Oscar ausgezeichnet wurden (und der fürs Lebenswerk zählt nicht wirklich). Kleine Auswahl gefällig: Peter O’Toole, Richard Burton, Peter Sellers, John Malkovich, Robert Mitchum, Annette Bening, Amy Adams, Michelle Williams …

Auch die deutschen Oscar-Hoffnungen wurden in diesem Jahr enttäuscht. Trotz zwei Nominierungen ging Florian Henckel von Donnersmarcks „Werk ohne Autor“ leer aus.

Eure Oscar-Highlights 2019

Nach der Quoten-Pleite vom letzten Jahr sind die Zuschauerzahlen am Sonntag übrigens um 12 % geklettert. Trotzdem glaube ich, dass es 2020 wieder einen Moderator geben wird. Wenn sich partout keiner finden lässt, bin ich für Anfragen gerne offen :p

Aber erst einmal bin ich gespannt auf Eure persönlichen Oscar-Highlights. Steht die Award Show überhaupt auf Eurem Must-Watch-Programm? Was haltet Ihr von der Kontroverse um die Auszeichnung von „Green Book“? Berechtigte Kritik oder zu viel des Guten? Wird Glenn Close jemals den schon lange verdienten Oscar erhalten? Ich freue mich auf Eure Kommentare, denn Ihr wisst ja: Komplett ist so ein Oscar-Wochenende nur, wenn man sich im Anschluss direkt über die Höhepunkte und Pannen austauscht. Das gilt nicht nur hier in LA, sondern auf der ganzen Welt und erst recht im Internet.

Herzlichst!
Eure Alexandra Klim

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