Filme, die bei den Oscars 2017 überraschen können

Filme die bei der Nominierung für den Oscar 2017 überrascht haben

Meine Top-3-Favoriten für den Oscar 2017 habe ich Euch gestern schon verraten. Hier kommen nun alle weiteren sieben Filme, die eine Best Picture Nominierung abgestaubt haben, sowie meine persönliche Liste anderer sehenswerter Filme der diesjährigen Award Saison, die in der ein oder anderen Kategorie für die Oscars 2017 nominiert wurden – oder überraschend leer ausgingen. Los geht’s.

Jeff Bridges reitet wieder: Hell or High Waters (CBS Films)

Ein Film mit Jeff Bridges ist per se schon mal sehenswert. Und wenn Big Jeff einen Texas Ranger spielt, dann gilt: Er ist – wie immer – unschlagbar. Seine erwartete Nominierung als bester Nebendarsteller ist bereits seine 7. Oscarnominierung als Schauspieler. Einmal hat er den Preis schon nach Hause geholt – 2010 für seine Hauptrolle in Crazy Heart. Chris Pine und Ben Foster als Bankräuber-Brüder liefern ebenfalls eine tolle Leistung ab in diesem immer spannenden Drama mit klassischem Western-Showdown. Das Resultat: Bei den diesjährigen Nominierungen sprangen zudem noch „Best Picture“ und „Original Screenplay“ heraus.

Black Women matter … und brachten die USA auf den Mond: Hidden Figures (Fox)

Ein wunderbares Feel Good Movie, das auf einer wahren Geschichte basiert. Aus dem starken Schauspieler-Ensemble ragte meiner Meinung nach besonders Taraji P. Henson heraus und hätte damit auf alle Fälle eine Oscar-Nominierung 2017 verdient. Überraschenderweise wurde sie jedoch von der Academy übersehen. Immerhin wurde die ähnlich tolle Octavia Spencer als beste Nebendarstellerin nominiert und dazu noch das Drehbuch im Bereich „Adapted Screenplay“.

Drei Kapitel, ein Leben: Moonlight (A24)

Die Geschichte des jungen Afroamerikaners Chiron wurde zuletzt sehr gehypt und hat durchweg begeisterte Kritiken erhalten. Mit entsprechend hohen Erwartungen habe ich mir das in drei Segmente aufgeteilte Drama von Barry Jenkins angeschaut und war am Ende fast ein wenig enttäuscht. Die Besetzung ist erstklassig. Besonders Naomie Harris als crackabhängige Mutter und Mahershala Ali als Drogendealer (der leider nur im ersten und besten Akt eine Rolle spielt) sind herausragend und wurden zurecht als beste Nebendarsteller nominiert. Der Film verliert jedoch leider besonders im dritten Teil an Kraft und endet eher abrupt und „europäisch“.

Nominiert wurde Moonlight von der Academy noch für sechs weitere Oscars – für den besten Film, die beste Regie, das beste adaptierte Drehbuch, den besten Schnitt sowie die beste Kinematografie und den besten Soundtrack. Das Rennen um den „Besten Film“ wird sich wahrscheinlich zwischen La La Land und Moonlight entscheiden.

Rückkehr und Trauma-Bewältigung: Manchester by the Sea (Amazon/Roadside Attractions)

Casey Affleck tritt spätestens mit diesem herzzerreißenden Drama aus dem Schatten seines Bruders Ben. Auch Michelle Williams liefert in einer Nebenrolle wie immer eine beeindruckende Performance ab. Die Chancen auf die Schauspielerkrone der Oscars 2017 stehen für Affleck gut, er gilt als schärfster Konkurrent für La La Lands Ryan Gosling. Auch sonst werden dem Film von Kenneth Lonergan gute Siegeschancen prophezeiht – wobei ich diese Euphorie nicht unbedingt teile.

Die Ausbeute bei den Oscar-Nominierungen kann sich auch sehen lassen. Gleich drei der Darsteller sind nominiert: Casey Affleck als Hauptdarsteller sowie Michelle Williams und Lucas Hedges als beste Nebendarsteller sind ein starkes Pfund. Regisseur und Drehbuchautor Kenneth Lonergan freut sich zudem über seine Nominierung in den Kategorien Beste Regie und Bestes Original-Drehbuch.

Denzel Washington als Man on Fire: Fences (Paramount)

Fences ist die Verfilmung eines Theaterstücks, das lange Zeit erfolgreich am Broadway lief. Eigentlich aber ist es ein reines Starvehikel für den zugegeben unfassbar guten Hauptdarsteller Denzel Washington, der sich durch fast den gesamten Film monologisiert. Er und seine Filmpartnerin Viola Davis, die ihm von der Leistung her ebenbürtig ist, tragen den gesamten Film. Oscar-Nominierungen als Bester Hauptdarsteller und Beste Nebendarstellerin sind der Lohn. Als Film bzw. Geschichte aber funktioniert das alles nicht. Keine Spannung, kein Funke, der überspringt oder positiver ausgedrückt: reines Schauspielerkino. Und das sage ich, obwohl das Drehbuch von August Wilson als bestes adaptiertes Drehbuch nominiert wurde.

Wenn ein Hasenmädchen Polizistin wird: Zootopia (Walt Disney)

Wer Kinder hat, wird diesen Film lieben – und auch, wer keine Kinder hat. Das klassische Prinzip eines animierten Filmes, der etwas für alle Zielgruppen, von Klein bis Groß, enthält. Meiner Meinung nach ein sicherer Tipp für die Oscars, wie die gestrige Nominierung in der Kategorie Animated Movies zeigt. Den Golden Globe gab es ja auch schon zurecht.

Ein Koala hatte einen Traum: Sing (Universal)

Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass dieser Film auch nominiert wird. Stattdessen heißen die Konkurrenten von Zootopia nun Kubo, der tapfere Samurai, Moana (bzw. in Deutsch: Vaiana – das Paradies hat einen Haken), My Life as a Courgette (Mein Leben als Zucchini) sowie The Red Turtle. Zootopia oder Moana werden wohl das Rennen machen, aber die Academy ist auch gerne mal für eine Überraschung zu haben. Bitte unbedingt in Originalversion anschauen, sonst verpasst Ihr die Stimmen von Matthew McConaughey, Reese Witherspoon und Scarlett Johansson.

Drei Frauen und ein Sohn: 20th Century Woman (A24)

Für ihre Leistung hätte Annette Bening eine Nominierung für den Oscar 2017 mehr als verdient. Überraschenderweise ging sie aber leer aus. Immerhin ist der Film in der Kategorie der Besten Original-Drehbücher nominiert. Wie dort allerdings die Gewinnchancen für diesen in guter Art und Weise schrägen, semi-autobiografischen Film aussehen, wage ich kaum zu schätzen. Aber auch wenn der Film komplett leer ausgehen sollte, es lohnt sich auf jeden Fall ihn anzuschauen. Die Dialoge sind unschlagbar, der gesamte Cast umwerfend gut und der Soundtrack genial. Was will man mehr?

Die schlechteste Sängerin der Welt: Florence Foster Jenkins (Paramount)

Der Film über die „unbegabteste Opernsängerin aller Zeiten“ ist durchaus unterhaltsam, hat mich aber sonst nicht überzeugt. Meryl Streep, laut POTUS Trump die am meisten überschätzte Schauspielerin aller Zeiten, ist wie gewohnt top und deshalb natürlich nominiert für ihre Verkörperung von Florence Foster Jenkins. Sie ist mit den insgesamt 20 Oscar-Nominierungen ihrer Karriere (davon 3 Gewinne) ungeschlagene Rekordhalterin. Gegen Natalie Portman (Jackie) und Emma Stone (La La Land) wird sie sich in diesem Jahr aber nicht durchsetzen können. Es gab noch eine zweite Nominierung für den Film: Consolata Boyd für das Beste Costume Design. Nicht nominiert, aber trotzdem toll: Simon Gelberg (The Big Bang Theory).  Größte Überraschung des Films: Hugh Grant, der seine Rolle als Ehemann der Sängerin unerwartet gut ausfüllt.

Dunkles Fantasy-Drama in „Guillermo del Toro-Tradition”: A Monster Calls (Focus Features)

Wenn es um die Beste Regie geht, hätte der spanische Regisseur dieses Films, Juan Antonio Bayona, auf alle Fälle eine Oscar-Nominierung 2017 verdient. Und dasselbe gilt für Felicity Jones als Nebendarstellerin. Leider sind beide in diesem Jahr leer ausgegangen, was ich persönlich ziemlich schade finde. Die Geschichte dieses Films ist ein wahrer Tear-Jerker – es geht um eine herzzerreißende, hochemotionale Mutter-Sohn-Geschichte.

Das Leben nach dem Tod in Dallas: Jackie (Fox Searchlight)

Der Film über die Stil-Ikone Jackie Kennedy in ihrer schwärzesten Zeit nach dem Attentat auf Ihren Mann, Präsident John F. Kennedy. Wir begleiten die Präsidentenwitwe bei einem Interview, das sie nur eine Woche nach dem Mord gibt. Erstklassig gefilmt, insgesamt gelungen, aber mit Ausnahme der grandiosen Natalie Portman kein wirklicher Oscar-Favorit. Für Portman stehen die Chancen sehr gut, den zweiten Oscar nach ihrem „Black Swan“-Triumph vor sechs Jahren zu gewinnen. Es wird knapp zwischen ihr und Emma Stone. Die Filmmusik und das Kostümdesign sind ebenfalls nominiert.

Der Captain, der auf dem Hudson landete: Sully (Warner Bros.)

Als passionierte Fliegerin ist die wahre Geschichte des Chesley „Sully“ Sullenberger, der vor acht Jahren seinen Airbus A 320-214 auf technisch meisterhafte Art und Weise auf dem New Yorker Hudson River notlandete, für mich natürlich ein absolutes Must-see. Für Nicht-Piloten allerdings könnte der Film streckenweise ein wenig zu technisch sein, da es über große des Teile des Films um die Ermittlungen zum Unfall geht. Regisseur Clint Eastwood ging dieses Mal bei den Nominierungen leer aus; dasselbe gilt für Tom Hanks, Aaron Eckhard sowie Laura Linney, die alle gut spielen, aber schon in wesentlich stärkeren Rollen auf der Leinwand zu sehen waren. Immerhin wurde der Film fürs Best Sound Editing nominiert.

Google Earth & die Suche nach den Wurzeln: Lion (The Weinstein Company)

Ein wirklich beeindruckender, sehr bewegender Film, der auf der wahren Geschichte des indischen Jungen Saroo beruht, der als Fünfjähriger von einer australischen Familie adoptiert wird. 25 Jahre später macht er sich auf die Suche nach seiner leiblichen Mutter. Das Erstlingswerk des australischen Regisseurs Garth Davis – und gleich sechs Oscar-Nominierungen (u. a. Bester Film, Bestes adaptiertes Drehbuch, Beste Kamera und Beste Filmmusik). Hut ab! „Slumdog Millionaire“-Entdeckung Dev Patel spielt überzeugend und wurde mit einer Nominierung als Bester Nebendarsteller belohnt. Seine Gewinnchancen schätze ich bei der starken Konkurrenz (Mahershala Ali, Jeff Bridges, Michael Shannon!) aber als gering ein.

Nicole Kidmans Nominierung kann ich nicht unbedingt nachvollziehen. Ihre Gewinnchancen schätze ich in diesem Jahr als sehr gering ein. Als Beste Nebendarstellerin wird wohl eh Viola Davis (Fences, s. o.) das Rennen machen. In Deutschland startet Lion am 23.02. Mein Urteil: Unbedingt ansehen!

Ein Pazifist mitten im Gemetzel: Hacksaw Ridge (Summit Entertainment)

Ein sehr starker, intensiver, extrem brutaler Film und damit auch ein typischer Mel Gibson, der hier nach einer Dekade Schaffenspause (zuletzt 2006 mit Apocalypto) wieder als Regisseur auftritt. Erzählt wird die wahre Geschichte des Pazifisten Desmond T. Doss, der sich aus Glaubensgründen weigert, eine Waffe zu tragen und trotz Schikanen durch seine militärischen Vorgesetzten eine Grundausbildung erfolgreich abschließt. In der Schlacht um Okinawa 1945 erweist sich der fromme Außenseiter als Lebensretter für mehr als 75 schwerverwundete Soldaten. Sein Lohn: Die Medal of Honour, die höchste militärische Ausziechnung der USA … damals die erste für einen unbewaffneten Soldaten.

Die unerbittliche Härte der Kampfszenen ist erschütternd. Vor allem in der zweiten Filmhälfte, bei den Kriegsszenen in Okinawa, ist die Regie- und Schauspielleistung äußerst beeindruckend. Andrew Garfield stellt den Pazifisten Desmond T. Doss wunderbar dar und hat seit The Social Network und seinen Tagen als Spiderman als Schauspieler jede Menge an Format gewonnen. Völlig zurecht gab es dafür eine Nominierung als Bester Hauptdarsteller. Gewinnen wird er wahrscheinlich nicht, da die Konkurrenz mit Casey Affleck und Ryan Gosling einfach zu stark ist. Ähnliches gilt für Mel Gibson. Man kann von dem Australier als Person halten, was man will, aber die Nominierung als Bester Regisseur hat er für diesen Film definitiv verdient. Allerdings sind auch seine Gewinnchancen verschwindend gering. Hacksaw Ridge ist zudem für den Besten Soundmix, den Besten Ton sowie den Besten Schnitt nominiert. Vielleicht gibt es hier ja den ein oder anderen Trost-Oscar.

Ich freue mich auf Eure Meinung zu meinen Einschätzungen und mögen die Besten gewinnen 😉

Eure Alexandra Klim

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